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Stadtschloss soll kein zweiter BER werden
Der Chef der Stiftung Berliner Schloss Manfred Rettig schlägt Alarm

Die Überlegungen zu einem möglichen Ausstieg des Landes Berlin aus dem Schlossprojekt (Humboldt-Forum) haben die Verantwortlichen für den Neubau alarmiert. „Ich warne davor, die Planungen für das Humboldt-Forum zu ändern“, sagt das Vorstandsmitglied der Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum, Manfred Rettig. „Das hätte zum jetzigen Zeitpunkt fatale Folgen.“

Wie berichtet, gibt es zwischen dem Bund und dem Land Berlin informelle Gespräche über einen möglichen Rückzug Berlins aus dem Kulturprojekt auf dem Schlossplatz. Dabei geht es dem Vernehmen nach darum, dass Berlin auf 4 000 Quadratmeter Nutzfläche verzichtet, die nach den bisherigen Plänen durch die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) genutzt werden sollen. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz könnte die Flächen gut für eine museale Nutzung gebrauchen.

Laut Rettig lässt sich das jedoch nicht machen. „Wir können nicht einfach eine Bibliothek durch ein Museum ersetzen“, warnt der Manager, dessen Stiftung als Bauherr für das neue Schloss fungiert. „Das ist nicht eine Sache, die man jetzt mal einfach zur Diskussion stellen kann“, sagt er. „Wir haben feste Termine. Unser Projekt liegt im Zeit- und Kostenplan.“ Für den Bau der Bibliothek im neuen Schloss seien bereits Aufträge vergeben worden. Sollte sich die Zentral- und Landesbibliothek aus dem Projekt zurückziehen, so Rettig, „würden wir einen Baustillstand und einen Planungsstillstand bekommen“. Damit wären unweigerlich auch Kostensteigerungen verbunden.

Soweit will es Rettig nicht kommen lassen. „Ich werde nicht zulassen, dass wir hier einen zweiten Flughafen bauen“, sagt er in Anspielung auf das Desaster beim Bau des BER in Schönefeld.

„Welt der Sprachen“ geplant

Die bisherige Planung für das Schloss sieht vor, dass die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit dem Ethnologischen Museum und dem Museum für Asiatische Kunst aus Dahlem zum Schlossplatz zieht. Die Museen dürfen sich im künftigen Humboldt-Forum auf 24.000 Quadratmeter Fläche präsentieren. Der Dialog der Kulturen steht dabei thematisch im Mittelpunkt.

Die ZLB will sich passend zum Thema auf 4000 Quadratmetern mit einer „Welt der Sprachen“ präsentieren. Dabei soll es unter anderem um die interkulturelle Kommunikation gehen, heißt es: um das linguale Reden genauso wie um sprachliche Gesten und Mimiken. Die Humboldt-Universität will auf rund 1000 Quadratmetern über Ausstellungen und Veranstaltungen vermitteln, welche Rolle die Wissenschaft im Alltag spielt. Die Flächen für die Museen, die Bibliothek und die Universität sind bereits verteilt.

„Wir können jetzt nicht einfach die inhaltliche Konzeption in Frage stellen“, kritisiert denn auch Bau-Manager Rettig. Die Nutzung des Humboldt-Forums durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Zentral- und Landesbibliothek und die Humboldt-Universität sei Ergebnis eines langen Diskussionsprozesses. „Die Glaubwürdigkeit dieses Konzepts können wir nicht einfach in Frage stellen.“ Der Deutsche Bundestag habe das Konzept als Grundlage für seine Beschlüsse genommen. „Ich will Sicherheit für das Bauprojekt haben und bin froh, dass alle Verantwortlichen dies auch wollen“, sagt Rettig.

Wer die Überlegungen zu einem möglichen Rückzug Berlins aus dem Humboldt-Forum angeregt hat, ist schwer zu sagen. Von Seiten des Landes Berlin heißt es hinter vorgehaltener Hand, der Bund habe einen Rückzug des Landes angestoßen, woraufhin man sich in Senatskreisen Gedanken über die Bedingungen gemacht habe. Auf Seiten des Bundes heißt es dagegen, die Initiative sei vom Land Berlin ausgegangen – und zwar noch vor Amtsantritt des jetzigen Kulturstaatssekretärs Tim Renner. Fest steht: Eine offizielle Bestätigung für die informellen Gespräche gibt es nicht.

Die Kulturverwaltung bekräftigte zuletzt mehrmals, es gebe keine neue Sachlage. Danach gelten die geschlossenen Vereinbarungen zwischen Berlin und dem Bund. Das heißt: Das Land Berlin zahlt 32 Millionen Euro für den Bau des Humboldt-Forums und stellt sein Grundstück im Wert von rund 51 Millionen Euro für das Projekt zur Verfügung – im Gegenzug dürfen ZLB und Humboldt-Uni Flächen im neuen Schloss nutzen.

Kehrtwende noch möglich

Auf Seiten des Landes Berlin errechnete man einen Betrag von bis zu 83 Millionen Euro, der bei einem Rückzug vom Schlossprojekt durch den Bund ausgeglichen werden müsste. Eine Geldzahlung in dieser Höhe wird auf Bundesseite jedoch als „undenkbar“ bezeichnet. Der Bund will die Berliner Kompensationsansprüche mit dem Wert der Grundstücke der Dahlemer Museen verrechnen, die Berlin angeboten werden. Wie zu hören ist, soll der Bund aktuell den Wert der Dahlemer Grundstücke feststellen. Ein Indiz dafür, dass die Überlegungen für einen Ausstieg Berlins offenbar noch nicht beendet sind. Jedenfalls nicht auf Bundesseite.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) könnte die Flächen Berlins im Humboldt-Forum gut gebrauchen. So erklärte SPK-Präsident Hermann Parzinger am 2. Dezember 2013 bei einer Anhörung im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses: „Wenn wir mehr Fläche hätten – und ich will die Berliner Einrichtungen nicht aus dem Humboldt-Forum hinausdrängen –, dann könnten wir das Museum Europäischer Kulturen mit hineinnehmen.“

Schon vor etwa neun Monaten wurde damit ein möglicher Rückzug Berlins aus dem Projekt thematisiert, ohne ihn zu fordern. Die Äußerungen der vergangenen Tage lassen darauf schließen, dass auf Seiten des Bundes ein größeres Interesse an einem Rückzug Berlins besteht als beim Senat. Ende: offen.

Berliner Zeitung, [27.08.2014]